Die Menschen strömen zur Sommer-Berlinale. Das größte deutsche Fest zur Feier des Kinos konnte nun doch noch stattfinden und endlich konnten auch die Bären verliehen werden. Gleichzeitig bleibt noch immer unklar, ob und unter welchen Auflagen ab 1. Juli bundesweit wieder Filme auf der großen Leinwand bestaunt werden können.

Während in New York und Paris die Kinos ab 1. Juli wieder mit 100% Auslastung spielen, sind hierzulande in den meisten Bundesländern die Auflagen noch unbefriedigend und nicht nachvollziehbar.

Die rasch gesunkenen Inzidenzen und die immer höhere Impfquote führen in vielen gesellschaftlichen Bereichen zu Lockerungen. Doch leider beobachten wir für die Kulturorte nach wie vor ein Zurückhalten, Aufschieben und Vertrösten der Politik,“ so Christian Bräuer, Vorsitzender der AG Kino – Gilde e.V. Und weiter: „So erleben wir jeden Abend bei der Sommer-Berlinale, dass die Gäste vorher in der Außengastronomie ohne Maske beisammensitzen, essen und trinken, miteinander reden und dann fassungslos erfahren, dass sie für die Filmvorführung nun Tests benötigen, um zwei Stunden still nebeneinander sitzend und nach vorne schauend einen Film zu erleben.“

Dabei hatte unter anderem das Hermann-Rietschel-Institut der TU Berlin bereits im Februar eine Studie veröffentlicht, nach der die Ansteckungsgefahr in Kinos geringer ist, als in Restaurants, Schwimmhallen, Fitnessstudios, Schulen oder Büros. Im Kino spricht man kaum, sitzt und sieht geschlossen nach vorne, zudem verfügen die meisten Kinos über Lüftungsanlagen, die die Luft mehrfach pro Stunde austauschen.

Politische Geringschätzung privatwirtschaftlicher Kultur

Bereits Mitte Mai verständigten sich die Kino- und Verleihverbände auf einen langfristig planbaren Öffnungstermin am 1. Juli. Dennoch fehlen in den meisten Bundesländern bis heute verbindliche Planungsparameter für die Kinos.

Aktuell sind die Kinos mit einem föderalen Flickenteppich von Auflagen konfrontiert. Die Anpassung der Auflagen erfolgt oft in spontanen, wenig transparenten Verfahren, die den Kinos keine Planungssicherheit ermöglichen. Abstandsauflagen, Test- und Maskenpflicht, Lüftungsanlagen, Besucherobergrenzen sind überall unterschiedlich geregelt. Aus Sicht des Verbandes hat die Regelungsflut nur noch wenig mit Infektionsschutz zu tun, den alle Kinobetreiber*innen ausdrücklich befürworten. Es sind willkürliche politische Momententscheidungen, die ein Engagement vorgaukeln sollen, zunehmend rechtlich fragwürdig sind und das verantwortliche Engagement der privatwirtschaftlichen Kulturanbieter gering schätzen.

Wenn Maßnahmen unfair und für Menschen nicht mehr nachvollziehbar sind, fördern sie nicht die Akzeptanz für den nach wie vor wichtigen Infektionsschutz in der Bevölkerung,“ so Christian Bräuer. „Unser Appell geht daher an die Politik, jetzt Auflagen für die Kinos zum 1. Juli zu benennen, die verhältnismäßig, sinnvoll und bundesweit vergleichbar sind. Empirisch bewährt hat sich ein Abstand von einem freien Sitz zwischen Besuchergruppen ohne Maskenpflicht am Platz.“

Kinos brauchen wieder die Chance zu wirtschaften. Denn jetzt wird entschieden, ob Arbeitsplätze in der gesamten Filmwirtschaft entstehen oder dauerhaft verschwinden. Seit fast acht Monaten warten Filmemacher*innen mit ihren Werken auf den Neustart der Kinos. Und mit den Berlinale-Beiträgen, der gesamten Oscar®-Saison, den Werken des Anfang Juli beginnenden Filmfestivals in Cannes und etlichen Hollywood-Produktionen gibt es für das Publikum ein außergewöhnlich vielfältiges Programm zu entdecken. Die Zeit ist überreif, die Kultur wieder in den Vordergrund zu rücken.